Dienstag, 22. September 2015

Ehrenrettung für den UNUN



Mein UNUN Experiment ist in ein funktechnisches Wespennest gefallen. Offenbar leiden auch andere Funkamateure an einer UNUN-Allergie. So schrieb mir u.a. ein OM:
Du solltest aber selbst mal hinterfragen, was das 50-Ohm-Koaxkabel hinter deinem Tuner soll (Stichwort: wechselnde Impedanzen/Reaktanzen), weiterhin warum grad an dieser Stelle eine Mantelwellensperre eingefügt ist, warum zwischen einem asym. Kabel (hier 50 Ohm) und einer Feederleitung ein UnUn eingefügt ist (…mit Transformation >1:1).
…alles irgendwo(!) zwischen Tuner und Speisepunkt… da hat man doch sogleich ein komisches Bauchgefühl – oder? (Man macht auch keinen halben Knoten in den Wasserschlauch).
Tja vielleicht hattest du etwas Zeit gehabt und den von mir in der letzten E-Mail mitgeschickten Vortrag vom DG0SA zu lesen.
Wolfgang, DG0SA ist für mich kein Unbekannter, habe ich doch schon verschiedentlich auf seine interessante Webseite verlinkt. Auch er hat sich schon mit dem Phänomen "Magnetischer Balun" befasst, das immer wieder durch das Internet geistert. Zum Beispiel hier.

Interessant ist sein Vorschlag einer "Windom" mit 1:9 UNUN, bei der das kurze Stück durch den Mantel des Koax dargestellt wird. Man erhält so eine endgespeiste Antenne, die bei einem oder anderen sicher ein Antennenbau-Problem lösen könnte. Eine solche Anordnung ist u.U. eine bessere Lösung als die diversen Endfeed- Antennen, die im Web beschrieben werden. Wichtig ist jedoch, dass die Impedanz der Mantelwellensperre genügend hoch ist, um ein "Überspringen der HF" auf die Speiseleitung zu verhindern, wie es DG0SA ausdrückt.

Im Übrigen bin ich ganz zufrieden mit meinem 1:9 UNUN. Er erledigt seinen Job wie vorgesehen und transformiert auf den Bändern 80/40/30 die Impedanz meiner Antenne in einen Bereich zwischen 30 und 100 Ohm. Somit muss mein Koax nur noch ein geringes SWR (<1:2) "verkraften" und der Tuner vor dem Transceiver hat damit auch keine Mühe. Die Mantelwellensperre direkt vor dem UNUN hat mit dem N30-Kern eine genügend hohe Impedanz, um zu verhindern, dass HF auf dem Mantel des Koax zum Transceiver zurückkommt. Die Verluste dieser Konfiguration sind minimal. Sofern man sich die Mühe nimmt, das ganze mal durchzurechnen und sich nicht nur auf sein Bauchgefühl verlässt.

Wer nicht gerne den Taschenrechner und längst vergessene Formeln benutzt, der findet hier ein interessantes Tool um die Verluste durch SWR auf einem Koaxkabel zu berechnen. 

Doch bei diesem einen UNUN-Versuch wird es wohl bleiben. Nicht wegen der Reklamationen der OM mit UNUN-Allergie, die ich bekomme, sondern weil dies einfach eine komplizierte Art zu Funken ist. Ein automatischer Tuner direkt am Speisepunkt der Antenne, erledigt den Job viel eleganter und mit weniger Aufwand für den OM.
Ist das QTH fix und dauerhaft, würde ich auch einen Dipol mit Hühnerleitung in Betracht ziehen. Das hängt von der Umgebung und den verfügbaren Stützpunkten für die Antenne ab. 

Apropos Tuner: Diese sind keineswegs verlustfrei, wie man gerne glauben möchte. Wenn der Realteil der Impedanz niedrig ist und die Reaktanz (Blindwiderstand) hoch, dann fallen die Tuner-Verluste so richtig ins Gewicht. Besonders bei den beliebten T-Tunern. Ein nettes Spielzeug um das zu erfahren, findet man hier.

Also aufgepasst, ihr Adepten der Hühnerleiter: der niedere Verlust auf der Zweidrahtleitung kann bei ungünstigen Impedanzverhältnissen durch den Tuner zunichte gemacht werden. Ein Beispiel: 2 mal 6.5m Doppelzepp mit 13m 600 Ohm Hühnerleiter ergibt bei 3.55 MHz eine Impedanz von Z = 0.27 - j141 Ohm (aus einem Vortrag von DG0SA).

Geben wir diesen Wert doch mal in unseren Spieltuner des Fermilab ein und sehen, was passiert: 
Ups! 12.3 dB Verlust! 94% der Leistung werden im Tuner verbraten.

Da würde ich dann doch lieber das ganze Gebilde als T-Antenne mit ein paar Radialen benutzen. Das Resultat wäre garantiert besser ;-)

Bild: Blick vom Cap Canaille hinüber zu den Calanques