Dienstag, 9. Juni 2015

Funkperlen Reloaded: Die Funkperle, eine Balkonantenne für 160m

Veröffentlicht am 8. April 2011
Wie versprochen, beginnen wir heute mit dem Bau unserer FUNKPERLE. Dabei handelt es sich um eine sehr kurze Antenne, die auf dem Balkon eines Mehrfamilienhauses installiert werden kann. nach dem Motto “No Risk, No Fun” wählen wir das schwierigste Band: 160m. Die FUNKPERLE läuft aber auch auf 80m, wie wir sehen werden.
Die FUNKPERLE vermeidet die Fehler vieler Wunderantenne und funktioniert deshalb für ihre Grösse sehr gut. Doch das Prinzip ist keineswegs neu. Es ist nur im Laufe der Zeit vergessen gegangen. Patentieren kann man sie daher nicht mehr. Wer sie kommerzialisieren möchte, dem steht daher nichts im Wege.
Natürlich kann auch die FUNKPERLE die Physik nicht überlisten. Für das 160m Band ist sie viel zu kurz und der Wirkungsgrad entsprechend gering. Aber wir holen aus dieser Antenne mehr heraus, als aus den meisten kurzen Antennen, indem wir mögliche Verlustquellen vermeiden. Sie enthält keine UNUNS oder Widerstände, ist in Resonanz und richtig angepasst und das Koaxialkabel strahlt auch nicht. Dafür sorgt eine Mantelwellensperre am Einspeisepunkt. Unser Mikrofon bleibt also cool. Die Resonanz ist übrigens sehr schmal wegen der hohen Güte – ein gutes Zeichen – sie lässt sich aber auf einfache Weise über das ganze Band abstimmen.
Die FUNKPERLE ist keine QRP Antenne, dafür ist sie zu kurz, genauso wie das Leben. Sie verträgt die üblichen 100W. Doch Vorsicht! An der Antenne herrscht Hochspannung! Ein richtiger Schwiegermutterkiller.
Gehen wir also in einem ersten Schritt auf die Suche nach den benötigten Komponenten. Zuerst brauchen wir eine Wäschekugel. Am besten fragt ihr eure Frau oder Freundin, die weiss, was das ist. Man braucht sie um das Waschmittel direkt in die Trommel zu geben. Hier ein Bild davon:
Je kugeliger, desto besser. Als nächste Komponente brauchen wir ein Druckbleistift. Man findet ihn in jedem Büro. Am besten fragt ihr euren Chef oder eure Sekretärin oder klaut den vom griesgrämigen Kollegen, der immer über Antennen schimpft. Diese Sorte hier ist gut geeignet:
Des weiteren benötigen wir einen Korkzapfen. Wenn wir den nicht zur Hand haben, kaufen wir uns im nächsten Laden siebeneinhalb Dezi trockenen Weisswein und machen uns einen lustigen Nachmittag. Es ist ja für einen guten Zweck.
Ein weiteres wichtiges Teil ist eine Kunststoff-Büchse mit 10cm Durchmesser und 15cm Länge. Metall geht nicht. Karton ist aber akzeptabel. Ich bevorzuge diese hier:
Dazu braucht ihr aber keinen Whirlpool anzuschaffen. Ihr könnt die Büchse auch so kaufen. Den Inhalt schüttet ihr in Nachbars Biotop. Das hält die Mücken fern.
Dann brauchen wir noch ein wenig Kleinmaterial wie Draht, Litze, Bananenbuchsen, eine PL oder BNC Buchse – je nach Vorliebe, Klebeband etc.
Eines hätte ich beinahe vergessen: das Pièce de résistance: Eine Fischrute, bzw. Angelrute. Nackt, ohne Roller etc. Für den Anfang tut’s auch Bambus, das gibt der Antenne einen natürlichen Touch. Für die 160m Version brauchen wir eine Rute von 3m Länge. Für 80m reichen 2m. Mit einer 5m Teleskoprute habt ihr zwei Fische auf einen Schlag. Die unteren drei Meter für 160, die oberen 2m für 80m. Dann könnt ihr schon mal überlegen, wie ihr dieses Teil in finsterer Nacht, wenn der Nachbar schläft, schräg aus eurem Balkon ragen lässt. Die Rute muss aus Fiberglas und darf nicht aus Karbon sein. Letzteres ist nämlich nicht HF-verträglich.
Schliesslich brauchen wir noch eine Mantelwellensperre. Einen grossen N30 Ringkern von Epcos, den man z.B. bei Conrad bestellen kann. Das sieht dann etwa so aus:
Voilà, jetzt wo wir alles beisammen haben, können wir mit dem Bau unserer Wunderantenne beginnen.

Fortsetzung folgt, 73 de Anton
Veröffentlicht am 9. April 2011
Niemand möchte eine Antenne im Sack kaufen. Darum ist es höchste Zeit, euch das Schaltbild der FUNKPERLE vorzustellen. Hier ist es:
Bei diesem Schema ist die Antenne nur als Symbol oben im Bild eingezeichnet. Denn ob sie nun ein Ofenrohr ist oder nur ein Draht, ist nicht so wichtig. Ich empfehle eine Fischrute aus Fiberglas von 3m Länge, an der wir einen Draht festmachen. Das Geheimnis der FUNKPERLE liegt nicht im Antennenstrahler, sondern bei der Anpassung. Denn dort geht bei stark verkürzten Antennen der meiste Saft verloren. Selbstverständlich dürft ihr die Fischrute als Wendel ausführen, oder/und noch eine kleine Dachkapazität anfügen. Und wer möchte, kann sie sogar doppelt so lange machen, also 6m. Der Wirkungsgrad wird entsprechend steigen.
Die Anpass-Schaltung besteht aus einem Variometer. Dabei handelt es sich um eine Spule (L2), die drehbar in einer zweiten (L1) angeordnet ist. Ist der Wicklungssinn der beiden Spulen gleich, ist auch die Gesamtinduktivität am höchsten. Dreht man die innere Spule um 180 Grad, wirken beide Spulen gegeneinander und die Gesamtinduktivität ist am kleinsten. Mit einer solchen Anordnung kann ein grosser Induktivitätsbereich abgedeckt werden. In unserem Fall etwa 70 bis 220 Mikrohenry. Übergangswiderstände, wie bei den Schleifern einer Rollspule, entfallen. Das ist bei extrem kurzen Antennen wichtig, denn die Kontaktwiderstände kommen rasch in die Grössenordnung des Strahlungswiderstandes.
Mit dem Drehen der kleineren Spule in der grösseren kann die Antenne auf Resonanz abgeglichen werden. Doch damit ist die Impedanz des Koaxialkabels noch nicht an die Impedanz der Antenne angepasst. Hier kommt der Abgriff an der Spule L1 zum Zug. Mit ihm wird auf bestes SWR abgeglichen. Einmal eingestellt, braucht der Abgriff nicht mehr verändert zu werden und kann fest verlötet werden. Man kann dann durch Drehen von L2 über das ganze Band abstimmen. Der Abstimmbereich ist sehr gross. Typisch von 1.6 – 2.5 MHz.
Es gibt keine andere 16om Antenne mit nur 3m Länge die das schafft. Automatische Antennentuner versagen bei dieser Länge. Aber auch wenn sie anpassen könnten, wären die Verluste aufgrund der verwendeten Schaltung viel zu hoch. Und bei kurzen Breitbandantennen, wie sie für teures Geld angepriesen werden, wird die meiste Energie im UNUN und den Widerständen verheizt. Nicht so bei der FUNKPERLE. Sie holt das Maximum aus den drei Metern heraus und der Wirkungsgrad der Antenne hängt vorallem vom verwendeten Gegengewicht ab.
Ein weiterer Vorteil dieser Antenne ist der, dass sie immer geerdet ist und sich deshalb nicht statisch aufladen kann. Der Empfang ist entsprechend ruhig.
Auch auf 80m kann man das gleiche Variometer noch verwenden. Man verkürzt dann den Strahler auf 1.8-2m. In diesem Fall muss jedoch der Abgriff neu eingestellt werden.
Aber lasst uns zur Tat schreiten. Widmen wir uns dem schwierigsten Teil: der Herstellung von L2. Diese Spule soll in L1 drehen und wir führen sie deshalb als Kugelspule aus. Wer keine Waschkugel findet, für den habe ich eine andere Lösung parat. Ich war heute in der Landi und habe für drei Stutz drei Styropor-Bälle erstanden, mit einem Durchmesser von 8cm. Genau richtig für die Kugelspule. Doch wie bewickelt man eine Kugel, ohne dass die Windungen fortwährend auseinanderfallen?
Das geht am besten mit doppelseitigem Klebeband, wie das folgende Bild zeigt. Neben der bewickelten Styroporkugel ist eine unbewickelte zu sehen:
Es müssen 45 Windungen aufgebracht werden. Ich habe dazu 1mm Kupferlackdraht benutzt. Zum Schluss habe ich die Wicklung mit Araldit überzogen um sie dauerhaft zu fixieren. Wie ihr sehen könnt, habe ich mit Wickeln nicht am “Nordpol” begonnen, sondern etwa am Nordkap :-) und am “Äquator” klafft eine Lücke. Dort wird dann die Drehachse durchgeschoben. Denn die Kugelspule dreht sich, im Gegensatz zur Erde, nicht um die Polachse, sondern um eine Äquatorachse. Gott sei Dank ist das bei der Erde nicht so, man stelle sich das Durcheinander vor!
Mit der Kugelspule haben wir den schwierigsten Teil hinter uns gebracht, der Rest ist Nasenwasser, aber das folgt morgen.
73 de Anton
PS. Wer messen kann: die Kugelspule sollte ca. 80-90 uH haben.
Veröffentlicht am 10. April 2011
Nachdem wir eine Kugelspule gebaut haben, können wir uns den leichteren Dingen zuwenden. Als nächstes bauen wir die Spule L1. Dazu bewickeln wir die Kunststoffbüchse mit ca. 40 Windungen 0.75er TF-Litze, 1mm Elekrtikerdraht oder ähnlichem. Im oberen Drittel lassen wir eine Lücke, etwa  bei der dreissigsten Windung. Dort wird dann die Achse für die Kugelspule durchgeschoben:
Und damit sind wir bei der nächsten Aufgabe, der Endmontage. Wir entfernen alle Metallteile aus dem Druckbleistift und benützen es als Achse. Natürlich können wir auch ein x-beliebiges Kusstoffteil benutzen, das wir aus dem Haushaltmüll fischen. Dann bohren wir die Löcher für die Achse. Etwas zu klein, damit die Achse streng sitzt und nicht von selber drehen kann, und stecken sie durch die Büchse, durch die Kugelspule:
Zum Schluss montieren wir noch den Korken auf die Achse als Drehknopf.
Jetzt greifen wir zum Lötkolben, natürlich am richtigen Ende, und wir verbinden die beiden Spulen mit einer feinen, flexiblen Litze und führen auch ein Stück Litze vom anderen Ende der Kugelspule nach “draussen.” Dort wird dann die Antenne angeschlossen. Am besten mache ich dazu ein Loch oben in die Büchse und montiere eine Bananenbuchse. So habe ich einen “sauberen” Antennenanschluss. Oben ist übrigens dort, wo die Büchse offen ist. Die Kugelspule sollte auch nicht mitten in der Büchse sitzen, sondern am oberen Ende. Wir achten darauf, dass sich die Kugelspule unbehindert über 180 Grad drehen lässt.
Unten an der Büchse, dort wo die Wicklung von L1 anfängt, montieren wir ebenfalls eine Bananenbuchse und löten den Anfang von L1 an. Hier werden der Mantel des Koaxialkabels (RG58) und das Gegengewicht angeschlossen. Letzteres ist übrigens sehr wichtig und entscheidet darüber, wie gut die Antenne funktioniert. Balkongeländer, Radials, Blitzableiter usw. werden dort angeschlossen. Wenn die Antenne als Mobilantenne benutzt wird, natürlich die Karosserie des Wagens.
Apropos Mobilbetrieb: KW-Mobilantennen funktionieren nur deshalb so gut, weil das Auto die andere (unabgestimmte) Hälfte eines Dipols darstellt. Notabene tiptop isoliert durch vier Gummireifen. Voraussetzung ist, dass der Mantel des Koaxkabels fest mit der Karosserie verbunden wird. Magnetfüsse sind für KW – besonders auf den langwelligeren Bändern – unbrauchbar. Ihre Koppelkapazität ist für die Kurzwelle zu schwach. Eine Mobilantenne für 80m die hinten an der Stoßstange befestigt wird, bildet mit dem Auto zusammen einen angewinkelten Dipol. Nur so ist es zu erklären, dass auch im 80m Band eine Steilstrahlung für Verbindungen außerhalb der Reichweite der Bodenwelle zustande kommt.
Wollen wir von unserem Balkon aus gut über die Ionosphäre wegkommen, sollten wir unseren Strahler also möglichst waagrecht nach außen stellen. Eine schräge Position ist jedoch ein guter Kompromiss.
Jetzt ist unsere Anpassung für die 3m-Angelrute fast fertig. Fehlt nur noch der Abgriff. Der findet auf den untersten Windungen der Spule auf der Büchse statt (L1), wie aus dem Schema zu ersehen ist. Entweder mache ich die untersten 5 Windungen blank und greife sie mit einem Krokodil ab, oder ich löte in gewissen Abständen Bananenbuchsen ein: bei 1/2, 1, 2, 3 und 5 Windungen von der Erdbuchse aus gesehen. Dort schließe ich dann die Seele des Koaxialkabels an, die ich mit einem Bananenstecker versorgt habe.
Jetzt rasch den Transceiver angeschlossen und dabei die Mantelwellensperre nicht vergessen. Sonst gibt’s ein heißes Blechle ;-)
Das Abstimmen der Antenne ist einfach: Transceiver auf Low Power und am Korken auf minimales SWR einstellen. Es muss ein scharfer Dip sichtbar sein, da wir keine Übersetzung auf der Achse haben. Anschließend den Abgriff mit dem kleinsten SWR wählen. Bei jedem Abgriff muss die Abstimmung am Korken neu eingestellt werden.
Das SWR sollte unter 1:2 liegen. Das ist gut genug. Im 160m Band liegt die Bandbreite bei einigen kHz. Bei jedem Frequenzwechsel muss die Antenne deshalb durch Drehung am Korken nachgestimmt werden. Das ist kein Mangel, sondern ein Zeichen dafür, dass sie wirklich gut funktioniert.
Fortsetzung folgt, 73 de Anton
Veröffentlicht am 11. April 2011
Natürlich habe ich die FUNKPERLE ausprobiert und einige QSO’s damit gefahren. Aber ich will euch nicht mit Anekdoten langweilen. Denn ausgemessen habe ich sie nicht. Zu sagen: “ich habe damit ein QSO über x-Kilometer gefahren und einen Rapport y bekommen”, oder “ich habe sie mit Housis Kelemen verglichen und sie ist 1/3-S-Stufe besser”, wäre unseriös. Das überlasse ich anderen Wunderantennen-Erfindern.
Dabei bin ich eigentlich gar kein Erfinder. Ich habe nur das genommen und auf Kurzwelle umgesetzt, was andere schon seit Jahrzehnten bei viel zu kurzen Antennen im Lang- und Mittelwellenbereich tun: Ich habe meine Antenne nicht auf mysteriöse und undurchschaubare Weise oder gar mittels eines strahlenden Koaxialkabels angepasst, und ich habe auch nicht versucht, die Physik zurecht zu biegen, sondern schlicht und einfach ein Variometer benutzt.
Das Geheimnis sehr kurzer Antennen liegt nicht so sehr darin, was man als Strahler benutzt, sondern 1. wie man sie anpasst und 2. wie gut das Gegengewicht ist.
Natürlich helfen dicke Strahler und Dachkapazitäten, indem sie die Kapazität des Strahlers erhöhen und damit die Induktivität in der Anpassung senken. Aber sie ziehen auch die Blicke der Nachbarn auf sich. Daher habe ich mich mit einem dünnen Strahler begnügt und versucht, die Anpassung so verlustarm wie möglich zu gestalten.
Doch was nützt die beste Antenne, wenn man sie kaum abstimmen kann? Die FUNKPERLE ist leicht abzustimmen und kann mit einem Handgriff über das ganze 160m Band nachgetunt werden. Für 160m gehen Strahler von 3m bis 6m Länge.
Doch etwas Vorsicht ist angebracht: erstens herrscht an der Antenne Hochspannung (mehrere KV) und zweitens kann sie leicht durch die Umgebung verstimmt werden. Kommt ihr also nicht zu nahe, wenn ihr damit sendet. Und denkt daran: Antennen strahlen aus dem Strombauch heraus. Und der grösste Strom fliesst gerade am Fusspunkt. Schon die ersten Dezimeter sollten so frei wie möglich sein und nicht durch einen Blumentopf führen :-) Und noch was: vergesst bitte die Mantelwellensperre nicht. Sie gehört ans Koaxkabel vor der Einspeisung ins Variometer. Und vergesst auch das Gegengewicht nicht: es ist entscheidend. Ohne Gegengewicht funktioniert die FUNKPERLE nicht.Für meine Versuche habe ich zwei je 10m lange Drähte auf den Boden gelegt – einen nach links, den anderen nach rechts.
Hier nochmals eine kurze Zusammenfassung:
Wieso funktionieren die meisten Wunderantennen?
1.       Bei vielen strahlt das Koaxialkabel und weniger die Antenne selbst.
2.       Es ist sehr schwer eine Antenne zu bauen, die überhaupt nicht strahlt.
Was macht die Funkperle besser:
1.       Die Anpassung erfolgt verlustarm, ohne UNUN, Widerstände oder LC-Netzwerke.
2.       Es strahlt die Antenne und nicht das Koaxkabel.
3.       Sie lässt sich leicht abstimmen
Wie erwähnt, lässt sich dasselbe Variometer auch für 80m benutzen. Der Strahler muss dann auf 1.8 – 2m verkürzt werden. Damit erzielt man natürlich kein DX und kein Bombensignal. Aber in CW oder PSK31 sind schöne Europaverbindungen vom Balkon aus möglich. Möglichst mit vollen 100W, denn QRP und Behelfsantennen vertragen sich schlecht.
Und wer seine Nachbarn bereits an Antennen gewöhnt hat, kann für 160m auch eine längere Fischrute benutzen. 5 oder 6m helfen dem Signal mächtig auf die Sprünge.
Hier ein Bild vom Transceiver, den ich für die Tests benutzt habe: Ein ICOM IC-7200:
73 de Anton