Donnerstag, 2. April 2015

Zu Besuch bei Funkamateuren



    Wenn ich mich recht entsinne, ist es fast zwei Jahre her, dass ich einem unbekannten Verein von Funkamateuren beigetreten bin. Listigerweise heißt dieser Verein "Funkamateure e.V."

    Diese Funkamateure wohnen und vereinen sich ziemlich weit weg von hier, nämlich in der Mitte Deutschlands, im Norden Hessens. Und so kommt es, dass ich zwar dabei bin, aber noch nie jemanden aus meinem Verein getroffen habe. Existieren die Funkamateure überhaupt, wie sehen sie aus und was tun sie so den ganzen Funkertag lang?
Um das herauszufinden, habe ich mich gegen Norden aufgemacht, hinauf in den großen Kanton, in das Land der Dichter und Denker.
Die Gelegenheit war günstig: die GV der Funkamateure e.V. stand an.
Die Erlebnisse auf dieser Expedition nach Baunatal/Kassel möchte ich in diesem und den nächsten beiden Beiträgen beschreiben. Denn so kurz die Reise auch war, sie war voller Überraschungen, Erkenntnisse und Fragezeichen. Wobei letztere mehr den DARC betreffen, den Deutschen Amateur Radioclub, den ich auf dieser Reise ebenfalls besuchen durfte. Doch darüber mehr im nächsten Beitrag.
Gleichzeitig mit mir ging auch der Sturm Mike auf die Reise und so wurde es auf der Fahrt nie langweilig. Genauso auf der Rückfahrt, wo mich der stürmische Niklas begleitete. Elefantenrennen auf der Autobahn, wo sich Brummis millimeterweise aneinander vorbeischieben, werden so noch spannender ;-)
Um es gerade vorweg zu nehmen: ich bin auf eine äußerst sympathische und aktive Truppe gestoßen. Auf einen Verein, klein aber fein. Auf Menschen, auf XYL und OM, die nicht endlos über Aktivitäten diskutieren, sondern lieber aktiv sind. Kurz: Die tun was, die Funkamateure.
Hier sehen wir drei typische Exemplare dieser Gattung:


    Von links nach rechts: Roland DK4RX, Harry DL2ZBO und Ralf, DL1EL. Sie sind nicht etwa Engel, wie das Bild im Hintergrund suggerieren mag, sondern Aktivfunker und wie wir später sehen werden: Rebellen. Ralf ist übrigens der Häuptling. Roland sein Stellvertreter und Harry der Kassenwart.
Wobei ich nicht den Eindruck hatte, dass die Funkamateure sehr hierarchisch orientiert wären. Im Gegenteil! Als Schweizer hat mich das etwas überrascht. Gehörten "die dort oben" nicht mal zu den Preußen?
Auch Bürokratie und Vereinsmeierei gehören nicht zu den Spezialitäten der Funkamateure. Sie mögen es lieber unkompliziert. Ich habe noch nie eine derart speditive GV miterlebt. Wenn ich an den Schweizer Funkverein denke, in dem ich bis vor ein paar Jahren Mitglied war, kommen mir die Tränen. Doch das gehört diesmal nicht zum Thema.
Was mir aufgefallen ist:
Keiner spielte an einer Handfunke rum. Vermutlich haben sie gar keine. Relaisfunken gehört offenbar nicht zu den beliebten Aktivitäten. Zurzeit stehen das HamNet und SOTA-Expeditionen im Fokus. Über letzteres werde ich in meinem dritten Beitrag berichten.
Die Funkamateure sind vorwärts und nicht rückwärts gewandt. Zwar spielt CW bei vielen Mitgliedern eine wichtige Rolle und ist auch die bevorzugte SOTA Betriebsart. Doch das bedeutet keineswegs, dass man sich in Nostalgie suhlt wie anderswo. CW ist einfach eine effiziente Betriebsart und außerdem eine Kunst.
So ist es denn nicht erstaunlich, Meinungen zu hören wie:
"Das Verschicken von bunten Papierkärtchen ist ein Relikt der Vergangenheit." Oder:
"Der Computer gehört zum Amateurfunk."
Das regt zum Nachdenken an.
Des Weiteren stehen Bastelprojekte, SDR und Antennensimulation dieses Jahr auf dem Programm.
Das zeigt, dass die Interessen weit gespannt und Technik fokussiert sind. Trotzdem kommt die Geselligkeit nicht zu kurz. Man trifft sich jeden Montag ungezwungen zum Basteln und Palaver - ohne Protokoll und Traktanden.
Was mir auch noch aufgefallen ist:
Jedes Vereinsmitglied bringt seine speziellen Talente in den Verein ein - unkompliziert und wie selbstverständlich. Im nachfolgenden Foto sehen wir rechts im Vordergrund Martin, DL2FMK. Meines Erachtens die graue Eminenz des Vereins. Martin ist heute Rentner, doch habe ich bei der Stadtbesichtigung herausgespürt, dass er in Kassel eine bekannte und kantige Persönlichkeit gewesen sein muss.


    Rechts hinter Martin ist Robert zu sehen, in dessen Rufzeichen DL5FCE ein Hinweis auf seine Profession versteckt ist. Links ist Roland wieder zu sehen und dahinter Edgar, DF2FB.
Was mir auch noch aufgefallen ist:
Wichtig ist den Funkamateuren, dass die Familien in die Aktivitäten miteinbezogen werden. So sind die XYL der OM bei Ausflügen und Besichtigungen dabei, und zwar nicht  zum Kuchen backen und Servietten falten.
Dem Verein gehören übrigens auch aktive XYL an. Unten im Bild sind links Sigrid, DL2FAZ und rechts Gaby, DK7FL zu sehen:

    Die Funkamateure e.V. sind also ein sehr engagierter Verein und das kommt nicht von ungefähr. Bereits der Ort Baunatal gibt einen Hinweis auf die Geschichte. Denn in Baunatal sitzt auch der DARC, der Deutsche Amateur Radio Club.
So ist es denn kein Geheimnis, dass die Funkamateure von DARC-Dissidenten gegründet wurde. Von Mitgliedern des DARC, die sich engagieren wollten, die etwas bewegen wollten und dabei auf Granit gebissen haben, wie wir in den Bergen sagen. Doch sie haben sich dabei keineswegs die Zähne ausgebissen. Sie sind ausgetreten und haben ihre Träume in einem kleinen Kreis Wirklichkeit werden lassen. Ob das der richtige Weg ist, darüber lässt sich streiten. Aber es ist erstaunlich, wie viel ein paar OM bewegen können, nachdem der Ballast abgeworfen wurde.
Auf jeden Fall ist es eine Freude, dabei mitmachen zu dürfen - wenn auch nur als als südlicher Außenposten ;-)
In meinem nächsten Beitrag werde ich über meinen Besuch beim DARC berichten. Stay tuned!


Oberstes Bild: Kassel vom Herkules aus. Mehr dazu in den nächsten Beiträgen.