Dienstag, 29. November 2016

Druck allein reicht nicht





Zu meinen letzten Blogeinträgen haben mich schon etliche Email erreicht. Es tut mir leid, wenn ich nicht allen detailliertet antworten kann - mir fehlt eine Redaktionsassistentin ;-)

Hier ein ausführlicher Bericht von Thomas DO9TR mit interessanten Ansichten und Einsichten:

Hallo Anton,

als Schweizer besitzt du ja seit Geburt an ein Offiziersmesser, das sieht man auch an deinem neuem MacGyverismn.
Allerdings wird die Eichbehörde da nicht mitspielen. Glaub mir… Mein Tipp: Mit Gaffa-Tape und Kaugummipapier kannst du
dem entgegenwirken! Beachte aber, dass bei Zeigerausschlag das Ding hochgehen kann!

Heute Abend hatten wir, in unseren Räumen in Baunatal, den Tisch voller Tasten. Einfache, teure und welche für ein halbes Vermögen.
Schnell entbrannte eine Diskussion, dessen Fazit ich ebenfalls teile: Der Druck alleine ist kein Indiz für die Einstellung einer Taste und kann
auch nicht als Anhaltspunkt oder Vergleich dienen.
Der Hubweg, der Winkel der Finger oder gar die Position der Taste auf dem Tisch entscheiden. Jede Taste ist anders, genau wie der OM, der sie bedient.
Dicke Finger, sanfter Druck, ein Pressen oder ein Streicheln, jeder bedient die Taste anders.
Unter’m Strich kann jeder gute Telegraphist mit den meisten Tasten gut geben. Es ist nur Gewöhnung und Erfahrung. Man passt sich (zum Teil) der Taste an.
Kontaktabstand und Material sind entscheidende Feinheiten.

Ich selbst besitze eine Begali 60th Anniversary.
Geringer Kontaktabstand und leichter Federdruck, dass das Paddle bei
einem Windzug sich bewegt….. schwer als Anfänger, aber eine interessante Herausforderung.
Was beim Messen herauskam? Meine Grundeinstellung war bei 20 Gramm links und 17 Gramm rechts. Bis auf 7 Gramm kann die Taste reduziert werden, dann hat man die
Schrauben mit den Magneten  in der Hand. Den Restwiderstand erzeugen die Gegenmagneten an den Paddlearmen. Für mich etwas zu geringer Druck.
Bei höherem Tempo wohl auch nicht zufriedenstellend, da der 0-Punkt nicht umgehend erreicht wird. Ein geringer Widerstand sollte schon da sein, sonst bleibt die Taste hängen.
Und auch das ist bei anderen Modellen ganz anders, welche sich auf wenige Gramm ohne Defizite reduzieren lassen. Es gibt deutliche Unterschiede zwischen Feder und Magneten,
alles kaum wahrnehmbare Feinheiten.
Im mittleren zweistelligen Bereich befindet sich meine Taste nun, wenn auch in Zukunft mit einem  viel geringeren Abstand, ganz nach dem Motto: „Der (geringe) Weg ist das Ziel.“.
Und die Moral von der Geschicht‘: Ich hatte zum ersten mal ein Dynamometer in der Hand und  weiß, dass 10 Gramm eigentlich ….nichts sind!

73 de Thomas (DO9TR)
- Funkamateure e. V. -

Sogar von OM die nicht viel mit CW anfangen können erreichen mich interessante Mail. Die folgende ist von Robert DL5FCE

 Ich verfolge seit einigen Tagen das was in Deinem Block zu lesen ist und die Diskussionen im Kreise der Funkamateurein Baunatal. Wenn ich die Artikel so lese, muss ich immer wieder etwas schmunzeln. Jetzt sind wir schon soweit das die Kräfte der einzelnen Paddel gemessen werden und sogar auf beidenSeiten gleich einjustiert werden. Ach ja meine billige ETM Taste hat nur eine Feder für beide Arme, das wurde vor zwei oder drei Jahren noch als no go eingestuft. Warum haben eigentlich
die teuren Tasten 500,-€ aus Italien nur zwei unabhängige Einstellschrauben um jeden Arm einzeln einzustellen.Der Hub erst einmal, gut der ist von der Länge der Arme abhängig oder auch
nicht. Dann gibt es noch die Sensor Tasten, stimmt, das geht gar nicht, die haben weder Hub noch Kraft. Über die Palm Tasten will ich mich nicht äußern, das ist eine Plastikwelt für sich.
Îch, der nix mit CW am Hut hat, kann allerdings eines recht genau beurteilen, in unserer Runde mit OMs die zwischen 60 bis 250 BpM geben und hören können, schwört jeder auf seine
Taste, das ist die Beste. So bin ich der festen Überzeugen, die Einstellungen und Konstruktionen der Tasten sind für jeden OM ganz individuell zu bewerten. Es gibt kaum eine schlechte Taste,
allenfalls eine Bessere, die man haben möchte (wenn es eine Taste gibt, die auch hören kann, dann ist das was für mich :-)). 
Schöne Grüße aus Nordhessen

Aber es gibt auch OM, die drucklosen Tasten den Vorzug geben. Einer davon ist Harry DL2ZBO. Er schreibt:

  Hallo Anton,
Bernd (DK1DU) hat am letzten Montag die Morsegarage mit der "Schnapsnase" mitgebracht. Die Garage macht einen soliden Eindruck. Ich persönlich gebe lieber mit den "normalen" Squeeze- und am liebsten mit Sensortasten. Für den Portabel-Betrieb habe ich auch eine kleine gebaut.
Als Gewicht habe ich kleine Platten mit unterschiedlichen Gewichten. Unter den Tasten ist ein bzw. zwei Neodym-Magnete geklebt. Die Magnete haben eine Haftkraft von ca. 4 kg. Leider sind das Gewicht der Platten und vor allem die Standfüße das größte Problem. Ein Versuch mit verklebten Mousepads unter den Gewichten funktioniert ein wenig besser als die Gummi-Klebefüße. Das ist auch ein Problem der Morsegarage. Das Gewicht ist recht gering und die Standfestigkeit durch die Gummifüße könnte auch besser sein.
Die Sensortasten muss man eigentlich nur streicheln, bei den üblichen Tasten und vor allem den Ein-Hebeltasten haut manch ein Telegrafist schon heftiger dagegen. Da wandert die Taste dann schön über den Stationstisch, wie auch am Montag zu sehen war ;-)

Hier seine Tastenkollektion und das Schema der Elektronik:



Soweit die verschiedenen Berichte. Was die Sensortasten angeht: Das hat was, wie ich bestätigen kann. Bei einer Sensortaste wird der Druck nicht durch die Tastenmechanik, sondern durch den OP definiert. Ich war früher sehr skeptisch diesen vollelektronischen Tasten gegenüber. Seit ich jedoch mit einer "spielen" konnte (Danke Bernd), bin ich davon sehr angetan und kann nur empfehlen, so ein Teil selbst mal auszuprobieren.

Bild: ein Dynamometer aus Frankreich.

Montag, 28. November 2016

Der Strohhalm der Meterlosen

Kaum ist mein Blog über Donna Clara und das Dynamometer erschienen, rumpelt es in den Hirnen der OM. Zumindest bei den Tastfunkern. Die 59er mit ihren Mikrofonen haben dafür vermutlich nur ein Lächeln übrig und die Digitaliker werden sich wohl über den nostalgischen Unsinn wundern, der da vor ihren digitalen Augen veranstaltet wird.

Zum Dynamometer gibt es bereits einen interessanten Workaround wie mir gerade ein Meterloser berichtet. Doch lassen wir ihn selbst zu Wort kommen:

Salut Anton

Hab grad dein Blog gelesen, super! Denn so ist es gut: Der Ingenieur drückt in Zahlen aus, wovon er spricht!

Zur Not kann man auch mit Haushaltmaterial ein Dynamometer bauen. Schon unkalibriert erlaubt es die Feststellung, ob die Kräfte einigermassen symmetrisch eingestellt sind. Wer über eine Grammwaage verfügt, kann seinen Strohhalm damit „kalibrieren“ und kriegt so einen groben Anhaltspunkt von den absoluten Kräften.

73 de Hansjörg




 Die Zwei auf seinem Papierometer würden etwa 20 Gramm entsprechen, teilt mir Hansjörg HB9EWH gerade mit. Das kann natürlich von Trinkhalm zu Trinkhalm variieren, je nach dem ob Aldi, Lidl, Coop oder Migros ;-)

Sonntag, 27. November 2016

Donna Clara und das Dynamometer



Das klingt nach einer Liebesgeschichte, nicht wahr? Doch in Wirklichkeit ist es eine technische Angelegenheit. Zugegeben nicht ganz emotionslos, aber eben doch keine postfaktische Geschichte, um mal einen zurzeit mediengängigen Ausdruck zu missbrauchen.

Die Geschichte begann mit einer Garage, die morste, genau genommen mit diesem Artikel hier. Nachdem ich die Pico Single alias kleine Schnapsnase von Palm Radio ausprobiert und an meinen Freund Bernd zur Observierung geschickt hatte, kam aus Kassel die Meldung, dass die Kleine nur schwer zu ihrer Mitte fand. Die Taste hatte keine eindeutige Ruhestellung.

Diese Nachricht entging nicht dem scharfen Auge von Hannes DL9SCO von Palm Radio. Natürlich wollte er wissen, was da schief lief oder gelaufen war.
Um es kurz zu machen: die Pico Single wurde durch Palm gegen eine aus neuster Produktion ausgetauscht.
Gleichzeitig versprach ich, die Pico Single in Zukunft nicht mehr Schnapsnase sondern Donna Clara zu nennen, sollte die Kleine doch noch beweisen, dass sie ihre exakte Mitte fand. Der Grund für die Namensänderung findet ihr - bei genauem Hinhören - im folgenden Lied:


Max Raabe vom Palast Orchester hat diesen uralten Schinken auf seine unnachahmliche Weise interpretiert:


Dieses Versprechen will ich halten:
Die Donna Clara alias kleine Schnapsnase hat es tatsächlich geschafft, ihre genaue Mitte zu finden, wie mir Bernd DK1DU versichert hat. Ein beruhigendes Resultat, denn Palm ist meines Erachtens - um einen gängigen Ausdruck aus der deutschen Politik zu verwenden - alternativlos.
Wer möchte in Zukunft schon eine der schweren Vollmetall-Tasten durch Feld und Wald oder gar auf Bergeshöhe schleppen? Und die Dinger, die man an einem fixen Platz direkt an die Elecrafts schrauben kann, sind unflexibel und in meinen Augen strunzhässlich. Die Palmen sind nicht nur federleicht und können mit ihren Magneten dort "angeklebt" werden, wo es dem OP passt, sie sind durch ihre Schildkrötentechnik auch optimal während des Transports geschützt. Ein wichtiger Punkt bei einem Präzisions-Instrument.

Doch genug der Reklame für Palm. Denn die Geschichte der Donna Clara ist noch nicht zu ende; es fehlt das Dynamometer.

Viele Telegrafisten bevorzugen nicht nur einen minimalen Kontaktabstand, sondern auch einen möglichst geringen Hebeldruck. Bernd gehört dazu, wie ich weiß, und ich ebenfalls. Der oder die Hebel der Tasten sollen sich so leicht bewegen lassen, dass fast ein Windhauch zu ihrer Betätigung genügen würde.

Doch was bedeutet das in Wirklichkeit, beziehungsweise in Gramm oder Millinewton ausgedrückt?
Ich muss gestehen, ich hatte keine Ahnung. Und ich weiß nicht, wie es anderen Telegrafisten ergeht. Vermutlich stellen viele ihre Tasten einfach nach Gefühl ein, wie ich das bisher auch gemacht habe.

Wie wird das bei einem Hersteller wie Palm Radio gehandhabt? Wie werden die Tasten vor der Auslieferung eingestellt?
Hier die Antwort von Hannes DL9SCO, nachdem er die Taste zum Austausch erhalten hatte:

Guten Abend liebe Freunde der magischen Klopfzeichen,

die PPS von Bernd (Antons Original-Taste) ist mittlerweile wieder bei mit gelandet und ich habe sie analysiert.

Das Dynamometer zeigte folgende Werte an: Rechs ca. 6 Gramm, Links ca. 10 Gramm.

Bei dieser Einstellung zentrierte das Schnapsnäschen in der Tat nicht mehr sauber, die 6 Gramm sind einfach zu wenig.

Normalerweise zentriert die PPS bei ca. 10 Gramm, deswegen legen wir unsere Einstellwerte etwas darüber (15 Gramm).

Damit haben wir etwas "Luft", denn auch hier gibt es eine gewisse Schwankungsbreite.

Bei der großen Schnapsnase sieht es anders aus, diese kann vermutlich ab ca. 5 Gramm sauber zentrieren, wir stellen aber 10 Gramm ein.

Hier nochmal zusammengefasst unsere Werte:

PPS: 15 Gramm

PP: 20 Gramm

PS: 10 Gramm

MP: 20 Gramm

Ich bin am überlegen, ob man nicht generell auch die Pico Tasten PP und PPS auf 20 Gramm einstellen sollte - diesen Wert haben wir vor Jahren bei den MPs festgelegt und damit eigentlich nie etwas Negatives gehört. Die ETM-Tasten waren übrigens früher genauso eingestellt, daran haben wir uns orientiert. Vielleicht kann Bernd seine PPS mal "hochdrehen" auf 20 Gramm und seinen Eindruck berichten.

So, das war's erstmal von hier, allerseits ein schönes Wochenende und mni 73 aus Ulm!

Hannes, DL9SCO
Aha, da taucht es also auf, das mysteriöse Dynamometer. Und zugleich auch die Antwort auf die Frage, was passiert, wenn der Kunde selbst und nach Gefühl an der Taste herumschraubt.

Keine Frage: ich musste auch so ein Dynamometer haben und das bereits vor Weihnachten. Der Zufall wollte es, dass ich auf ein Instrument stieß, das mir wohl bekannt war. Eine Federwaage der Marke Corex von der Firma Haag-Streit in Bern. Damit habe ich einmal in längst vergangenen Zeiten Relais von Telefonzentralen gerichtet.

 

Federwaage, Dynamometer, Gram Dial Gauge, es ist alles dasselbe: ein Instrument, mit dem man kleine Kräfte messen kann, die zum Beispiel auf einen Hebel oder einen Kontakt wirken.

Auch die Corex trat, wie bereits die Palm Pico Single und die Pico-Base aus der Morsegarage, ihre Reise nach Kassel an. Denn dort, bei den Funkamateuren e.V. treffen sich jeden Montag XYL und OM zum Erfahrungsaustausch, zum Messen und Basteln, die Erfahrung mit Tasten haben. Im SOTA-Einsatz unter anderem. Genau das richtige und kritische Gremium um solche Dinge zu erforschen.
Diese Damen und Herren müssen keine Rücksicht nehmen auf Anzeigekunden und Spezis. Da werden keine Fakenews (früher Ente genannt) produziert um wieder ein Wort zu verwenden, dass zurzeit von den Medien wie eine Sau durchs Dorf getrieben wird ;-)

Aber lesen wir einfach mal, was Bernd zu der ganzen Story meinte, nachdem er die Corex erhalten hatte. Seine Erfahrungen decken sich mit den meinen. Hier seine Email dazu:
Liebe Tastendrücker,
das hätte ich nicht gedacht: Meine Tasten habe ich in der Regel knapp und ganz leicht eingestellt. Vom Stationstisch funke ich am liebsten mit Begali Sculpture (Doppelhebel) oder mit HST (Einzelhebel). Knapp und leicht, damit ich ohne Kraft und lange Wege auch bei flotterem Tempo ohne große Anstrengungen durch das QSO komme. Das sei so leicht dachte ich, dass ein Windstoß gleich einen CQ-Ruf auslösen könnte. Zwei bis drei Gramm Tastendruck hatte ich mir vorgestellt. - Weit gefehlt!
Dann habe ich mal gemessen: So zwischen 13 und 18 Gramm! - An allen Tasten. Mindestens. Bei den kleinen Minis und superkleinen Picos von Palm und auch bei den Großen. Da habe ich aber gestaunt. Die Unterschiede zwischen den Tasten waren nicht groß. Wohl aber die Unterschiede zwischen Punkt- und Strichseite. Da, wo es ging hatte ich mir für die Striche überall einen höheren Druck eingestellt. Ist das eine dumme Angewohnheit oder schon Marotte? Mit der Waage jedenfalls habe ich das korrigiert und siehe da, es stellt sich ein neues aber gutes Gefühl beim Geben ein.
(Bei der Bug (Viproplex) ist das anders: auf der Strichseite hat sie 30 und auf der Punktseite 15 Gramm. Klar muss die Punktseite auch mit dem nötigen Schwung genommen werden und weil Impuls= Masse x Beschleunigung ist, gelten bei einer Schlackertaste nicht nur an der Stelle ganz andere Voraussetzungen.)
Taste ist nicht gleich Taste: Paddles haben unterschiedliche Hebel-Geometrie, unterschiedliche Aufhängungen, Lagerungen, Drehachsen und -lager. Das macht für komfortables Geben jeweils unterschiedlichen Hebeldruck und -weg nötig. So kann man schon von daher nicht für alle Tasten einen optimal Druck empfehlen. Auch deshalb nicht, wenn man die Unterschiede möglicher Telegrafistenhände betrachtet.
Die kleine Federwaage ist wirklich eine tolle Sache. Großen Dank an dich lieber Anton. Sie geht geht ab Montag in die Runde. Die Waage. Ich bin schon gespannt und freue mich auf den gemeinsamen Erkennntnisgewinn.
Viele Grüße aus Kassel
(bei Baunatal)
Bernd, DK1DU
Damit ist die Geschichte der Donna Clara und dem Dynamometer zu ende. Endlich wissen wir Bescheid und stochern bei der Einstellung unserer Morsetasten nicht mehr im Nebel. Oft habe ich den Satz gehört:  "Ich muss mal meine Taste neu einstellen, sie tut nicht mehr richtig." Oft habe ich an meinen Tasten rumgeschraubt, weil ich den Eindruck hatte, die Einstellung sei nicht optimal oder die Taste tue nicht so wie sie sollte. Kein Wunder, wenn man nicht weiß, was man tut, wenn man nicht messen kann, was man einstellt. Den Kontaktabstand einzustellen war in der Regel kein Problem: Begali liefert zu seinen Tasten jeweils eine Fühlerlehre (Abstandslehre). Doch beim Tastendruck musste das Gefühl des OP herhalten. So wurden es halt mal links 5 Gramm und rechts 16 oder ähnlich und irgendwie blieb ein Gefühl zurück, irgendetwas stimme da nicht ganz.
Mag sein, dass es Menschen gibt, die mit ihren Fingern Kräfte im Millinewton-Bereich bestimmen können - ich gehöre nicht dazu. Und wie folgender Link beweist, trifft das wohl auch für die meisten anderen Telegrafisten zu:
http://www.morsekey.net/dynamometer.html

Vielen Dank an alle Beteiligten: an die Donna Clara, an Hansjörg HB9DWS, an Hannes DL9SCO, an Bernd DK1DU und an die XYL und OM der Funkamateure e.V.

PS. Also, liebe Tastendrücker und Freunde von Klopfzeichen: wenn euch ein Dynamometer über den Weg läuft: zögert nicht und reißt es euch unter den Nagel. Vorzugsweise mit 30 oder 50 Gramm Vollausschlag.


 

 

Freitag, 25. November 2016

Wie testet man eine Dummy Load?


Gestern Abend fragte mich ein Freund in einem CW-QSO, ob ich denn meine neue Dummy Load schon getestet hätte. Erst nach einem Belastungstest mit Vollast könne man sicher sein, dass das Teil auch wirklich funktioniere. Das leuchtete mir zwar ein, doch im Hintergrund meiner Gedanken lauerte immer noch der giftige Staub aus Beryllium Oxyd.
Also ging ich nach dem QSO erst mal runter (mein Shack ist unter dem Dach) um bei einem Glas Tastenöl darüber nachzudenken.
Meine PA habe ich nicht für Dauerbetrieb ausgelegt und ich mochte sie nicht unnötig strapazieren. Außerdem schafft sie mit ihrem 1kVA Trafo keinen CW-Dauerstrich mit 1kW HF.
Aber mein Freund hatte mir nicht nur den Floh mit dem Belastungstest ins Ohr gesetzt, er gab mir auch einen Tipp wie man einen 1kW-Dummy Load belastet, ohne dazu seine PA zu benutzen.
Er ist nämlich ein "Messfreak" und weiß in solchen Sachen Bescheid.
"Häng das Teil doch einfach ans Stromnetz", morste er mir. "50 Hz genügen, du brauchst keine dreieinhalb Millionen Hertz."
"Aber natürlich nur über einen Trenntrafo", morste er hinzu und ich wunderte mich, wieso ich nicht selbst auf diese Idee gekommen war.

Wo sollte ich denn Spätabends noch einen 1kVA Trenntrafo hernehmen, sinnierte ich. Doch das Tastenöl brachte mich zu dem Schluss, dass ich diesen eigentlich gar nicht brauchte. Auch das Beryllium rückte in den Hintergrund. Den Stripline-Widerständen würde es sicher nicht gerade den Hut lüften. Sie waren ja bestens gekühlt.
Also nochmals rauf in den Shack und rasch das Voltmeter in die Dose. Voilà: 234 Volt. Spannung im Quadrat durch 50 Ohm ergibt 1095 Watt. Gerade richtig für die ultimative Prüfung der neuen Dummy.

No risk no fun. Schnell noch ein Blick, ob der Hauskater nicht in der Nähe war und dann bekam die Dummy Saft. Über zwei Laborkabel - der Innenleiter auf Phase. Das Licht im Shack wurde etwas gedimmt, doch die Dummy hielt. Ganze 10 Minuten lang.
"Das reicht", beschloss ich und beendete den Test. In der Aufregung vergaß ich die Temperatur zu messen, wie mir mein Freund eingeschärft hatte. Ich stand einfach da, zählte die Minuten und wartete auf den Knall.

Später, als ich den gelungenen Test mit einem zweiten Glas Tastenöl begoss, philosophierte ich darüber, wieso einige OM so versessen auf den Bau dicker Endstufen sind.
Das Streben nach Power gehört wohl zum männlichen Balzverhalten. Ein Blick auf den Straßenverkehr genügt, um diese Einsicht zu bestätigen. Natürlich betrifft das vor allem junge Männer im "Paarungsalter." Aber vielleicht auch gestandene Männer in ihrer Midlife Crisis, dachte ich.
Könnte es also eine Ausprägung von spätpubertärem Balzverhalten sein, wenn sich OM einen Wettbewerb um die längste dickste Endstufe liefern?
Nach dem dritten Glas Tastenöl verwarf ich den Gedanken wieder. Denn in dieser Theorie fehlte ein entscheidendes Element: die Frau, wie ich aus meiner ausgelebten Midlife Crisis wusste. Frauen kann Mann man mit Endstufen kaum beeindrucken

Und übrigens: Nein ich habe heute morgen keinen Kater und der andere Kater lebt auch noch. Er war während des Tests am Mausen.

    
Film: Glück ist ein wichtiger Bestandteil des Schicksals
Bild: Saft aus der Dose

PS. Zuviel Tastenöl: in einer ersten Version hatte ich für die Leistung eine falsche Formel angegeben. Danke Willi für den Tipp ;-)
  

Donnerstag, 24. November 2016

Eine neue Dummy Load



Im Verlaufe des Lebens gibt es Erlebnisse - ich nenne sie Schlüsselerlebnisse - die man nicht mehr vergisst. Ganz am Anfang meiner Funkerkarriere, ich ging noch zur Schule und hatte noch keine Funklizenz, hatte ich ein solches Erlebnis. Ich erinnere mich daran, als sei es erst gestern gewesen.
Ich hatte gerade ein Transistor-Audion für das 40m Band gebaut und war mächtig stolz darauf. Es funktionierte bestens und ich lauschte damit nächtelang den QSO's der OM. Natürlich nahm ich das Gerät mit, als ich mit meinen Eltern in den Urlaub fuhr.
Der Zufall wollte es, dass ich dort einem Funkamateur begegnete und wir ins Gespräch kamen. Funkamateure waren für mich damals so etwas wie Halbgötter. Voller Begeisterung zeigte ich ihm meinen Empfänger. Wir schraubten den Deckel ab und er nahm die Verdrahtung in Augenschein.
Dann sagte er zu mir: "Das sieht nicht gut aus, die Lötstellen sind schlecht, der Aufbau nicht durchdacht. Das ist kein schönes Gerät."
"Aber es funktioniert", entgegnete ich verdattert.
"Meinetwegen, aber es ist schlecht gemacht."

Gut, dass ich mich damals nicht entmutigen ließ. In der Zwischenzeit habe ich unzählige Geräte gebaut. Besonders schön sahen sie nie aus, aber die meisten funktionierten.

Einige Projekte entpuppten sich aber auch als Desaster. Zum Beispiel die 1kW-Dummy Load für Kurzwelle, die ich mit 200 parallel geschalteten Widerständen aufgebaut hatte. Was für eine Schnapsidee! Vielleicht erinnert ihr euch noch daran, ich habe hier und hier darüber berichtet.

Hätte das Teil funktioniert, hätte mich sein Aussehen nicht gestört. Aber die Dummy war unbrauchbar. Nun habe ich eine neue gebaut. Diesmal mit bloß zwei Widerständen:



Eine Schönheit ist sie immer noch nicht geworden, dafür funktioniert sie jetzt. SWR 1.00 bis 25 MHz und 1.01 bei 30 MHz. Auch auf 50 MHz ist das SWR noch akzeptabel mit 1.06. Doch dort sind eh keine Endstufen erlaubt. Einige HB9er haben das zwar immer noch nicht begriffen. Vielleicht schnallen sie es erst, dass im 6m Band nur 100W erlaubt sind, wenn es an der Haustür klingelt ;-)

Auf 2m ist das Stehwellverhältnis zu hoch (1.4) und ich müsste die Kapazität der beiden Stripline-Widerstände kompensieren oder gar den Aufbau ändern. Doch für VHF und höher ist diese Dummy nicht gedacht.

Und so sieht die Neue bei abgeschraubtem Deckel aus:





Die beiden Stripline-Widerstände sind von Diconex und parallel geschaltet. Ich hätte auch einen einzigen und dafür einen mit mehr Leistung nehmen können. Aber die beiden waren ein Schnäppchen und erfahrungsgemäß ist es besser, die Wärme über eine grössere Fläche zu verteilen.
Damit die entstehende Wärme rasch abgeführt und verteilt wird, sorgt die Kupferplatte. Kupfer leitet die Wärme doppelt so gut wie Aluminium.
Im schlimmsten Fall müssen ja 1kW (max. zugelassene Leistung in HB9) vernichtet werden. Die Dummy Load wird also stärker belastet als der Kühlkörper in der PA! Dem ist mit einer entsprechender Dimensionierung Rechnung zu tragen. Zumal diese Strip-Line-Widerstände nicht ganz ungefährlich sind. Explodieren sie, so kann - wie bei Endstufentransistoren - Beryllium Oxyd freigesetzt werden. Diese Substanz ist sehr giftig, wenn sie als Staub in die Lungen gelangt!

Bild: Ein Elektriker beim Strom abzapfen.





Sonntag, 20. November 2016

Good News: ab 1. Januar funken HB9er im 60m Band



Ab 1. Januar 2017 haben wir in der Schweiz ein neues Band. Die HB9er dürfen dann auf 60m funken, wie die USKA auf ihrer Webseite mitteilt. Und zwar von

5351.5 bis 5366.5 kHz und mit einer maximalen Leistung von 15W EIRP.

60m wird also ein nur 15 kHz breites QRP-Band, wie an der letzten Radiokonferenz beschlossen. Und wie die Schweizer Behörden so sind, halten sie sich strikte an das Protokoll. Die Holländer und andere sehen das etwas lockerer.
Also nix mit dicken PA's und so. Im Gegenteil: die Leistung des 100W Transceivers muss heruntergeregelt werden.
Wie die Einhaltung dieser 15W EIRP allerdings kontrolliert werden soll, ist mir ein Rätsel. Was mich betrifft: Ich werde einfach mal EZNEC anwerfen und ausrechnen, mit welcher Leistung ich meine Antenne speisen darf. Genauso habe ich es auch für Lang- und Mittelwelle gemacht.
Messen kann ich das EIRP nämlich nicht.

Um einen Anhaltspunkt zu geben: ein Dipol für das 60m Band, 8 Meter über Boden mittlerer Leitfähigkeit. hat in seiner Hauptstrahlrichtung (das ist senkrecht nach oben) ca. 6dBi. Das würde eine maximale Sendeleistung von 3.75W bedeuten. Ein FT-817 mit 5W ist also schon hart am Limit, auch wenn man freundlicherweise noch etwas Zusatzverluste annimmt (Kabel, Tuner etc.)!
Das mit den 2.15dB, die ein Dipol gegenüber einem Kugelstrahler gewinnt, gilt nur im freien Raum.

Ob das BAKOM kontrollieren wird, weiß ich nicht. Sicher werden sie die Messmittel dazu haben und heute braucht es für solche Messungen nicht mehr einen Heli - man kann Drohnen einsetzen. Ich vermute, dass man ein Exempel statuieren wird, sollte jemand krass übertreiben. Dann ist Ruhe im Karton. Genauso wie man es mit den Baofeng-Importen gemacht hat. Ein teurer Schreckschuss genügt ;-)

Natürlich gibt es bereits einen Bandplan für diese 15 kHz, und der sieht folgendermaßen aus:

CW und Schmalband-Digital: 5351.5 - 5354 kHz. Meines Erachtens eine Schnapsidee. Erstens: CW und digitale Betriebsarten vertragen sich schlecht. Zweitens ist das viel zuwenig, in Anbetracht dessen, dass nur QRP gemacht werden darf.

SSB: 5354 - 5366 kHz. Da passen mit Ach und Krach maximal 4 QSO's rein. Kein Wunder wird für das 60m Band geraten:

Lokale Netze wie lange Plauder-Runden sollten das neue Band nicht nutzen, sondern das 80m Band oder das 40m Band verwenden!

Also ein Band für 59-QSO's? Gescheiter wäre es gewesen, wie beim 30m Band SSB zu streichen und das Band ausschließlich für Digital und CW aufzuteilen. Gesendet soll übrigens in USB werden. Keine Ahnung wieso. Weil die Kommerziellen dort auch USB fahren?

Das ganze scheint mir wenig ausgegoren. Da waren wohl "Schreibtischamateure" am Werk.

Die letzten 500 Hz sollen dann für digitale Betriebsarten mit "schwächsten Signalen" reserviert sein. Also JST-65, WSPR und Konsorten.

Doch kommen wir zum praktischen Teil: Wie wird man auf 60m QRV?

Wer einen Antennentuner hat, wird seinen Draht irgendwie "zurechtbiegen" können. Am besten sind die dran, die einen Dipol mit Hühnerleiter-Speisung und Tuner, oder eine Vertikal oder Inverted L mit automatischem Antennentuner benutzen. 
Da müssen dann nur noch ein paar winzige SMD-Dioden im Transceiver aus- oder umgelötet werden und schon kann es losgehen. Ich erwarte eine tolle Neujahrsparty am 1.1.2017 auf dem neuen Band, die dann langsam abklingen wird. Bleiben werden Ende Jahr wohl nur ein paar Hardcore-Funker. Siehe 472 kHz.

Dabei ist 60m ein tolles Band. Gerade in den nächsten Jahren, wo sich der laufende Sonnenzyklus seinem Minimum nähern wird. 40m wird dann oft eine ausgeprägte tote Zone zeigen und da kann 60m ein guter Kompromiss zwischen 40 und 80m sein. Auf das Notfunk-NVIS-Argument verzichte ich jetzt. Notfunk ist zurzeit nicht mehr groß en vogue.  

Bild: Zeit für den Sonntagnachmittag-Tee


Dienstag, 15. November 2016

Eine Garage die morst

Kaum hatte ich die kleine Schnapsnase von Palm auf dem Tisch, brachte mir die Briefträgerin ein weiteres "Morse-Paket". Sein Inhalt: Eine Pico-Base aus Fred's Morsegarage. Ein schweres und edles Teil, in das sowohl die einarmige wie auch die zweiarmige Zwergentaste von Palm passt.



Ich weiß, Fred hat keine Freude daran, dass ich seine Pico-Base umbenamst habe: aber ich fand den Namen Morsegarage treffender. Lieber Fred, sei doch froh, dass ich sie nicht Morseständer genannt habe ;-)

Man fährt also die kleine Schnapsnase oder den kleinen Zweihebler von Palm in die Garage und er sitzt dort wie angegossen. Die Taste in der Garage steht dann wie mit angezogener Handbremse auf dem Stationstisch und rührt sich nicht mehr vom Fleck. Das ist das Verdienst der drei Füsse, die in Versenkungen stecken. Drei scheint zwar etwas minimalistisch - gewisse französische Autobauer meinten auch eine Zeitlang, drei Schrauben seien genügend, um ein Rad zu befestigen - doch bei der Morsegarage ist wohl nicht die Materialeinsparung der ausschlaggebende Grund: Auf unebenen Flächen findet eben nur das Dreibein eine stabile Lage.


Wie oft habe ich mich schon darüber aufgeregt, dass Kunststoff-Füsse rutschen oder gar abfallen. Das wird bei Fred's Pico-Base sicher nicht passieren. Die Idee mit den Vertiefungen für die Füsse ist genial einfach und die gewählten Füsse gehören zu den besten, die ich bisher auf dem Stationstisch hatte. Sie sind sehr rutschfest.

Als Falschmorser bin ich natürlich keine richtige Referenz was Tasten und ihre Garagen angeht. Darum habe ich das Duo kurzerhand auf die Reise geschickt: zu meinen Freunden in Kassel. Als Schweizer weiß man ja: unsere nördlichen Nachbarn meckern immer und über alles. Und am schlimmsten sind dabei die Lehrer. Wer könnte also besser geeignet sein, das Duo unter die Lupe zu nehmen?

Lange musste ich nicht auf einen Bericht warten, der kam postwendend.
Mit der Garage, pardon, der Pico Base war man sehr zufrieden. Doch bei der kleinen Schnapsnase wurde leise Kritik laut. Hier kommt, was oben nicht im Text steht. Bernd, DK1DU meint dazu:
heute brachte unsere Briefträgerin eine Morsegarage. Tolles Teil. Die Garage.
Und sie verstehen sich gut. Die Picos und die Garage. Passt alles gut und genau. Das Ding ist schwer und steht gut auf dem Tisch. Allerdings verschwinden die kleinen Mängel der kleinen Tasten damit nicht. Die Pico mit den Doppelhebeln ist ein bisschen wackelig in sich und bleibt es auch. Und die Schnapsnase hat wirklich Probleme, ihre Körpermitte zu finden. So richtig kann ich mich daran nicht gewöhnen. Die Finger irren ein bisschen in der Gegend rum und suchen die Kontakte. So ab 35 WpM wird es anstrengend. - Und wenn jemand mit etwas mehr Schwung zu Werke geht, dann reißt er auch die Garage mit um. Dann ist sie zu klein.
Also für die Idee und die liebevolle Ausführung für Pico mit Garage ein Sehr Gut.
Handhabung, Betriebssicherheit und Feeling beim (normalen) Morsen: Gut.
Brauchbarkeit für flottes CW oberhalb von 35 WpM: nur Schwach Befriedigend.
Das Problem der kleinen Schnapsnase mit der eigenen Körpermitte ist mir auch aufgefallen. Sie hat zwei Mittelpunkte, je nachdem ob man gerade einen Punkt oder einen Strich gegeben hat. Ich habe versucht, dies durch eine Änderung der Einstellung zu verbessern, aber es ist mir nicht ganz gelungen. Schließlich habe ich es auf meine Unfähigkeit und den zuvor genossenen Primitivo geschoben und deshalb in meinem Bericht nicht erwähnt.


Wer sich für die Zwerge von Palm als Portabeltasten entscheidet und diese auch zuhause nutzen möchte, der ist mit der Pico-Base, wie sie Fred nennt, sehr gut bedient. Die Taste mit der anderen Hand zu halten oder aufs Transceivergehäuse zu kleben, mag ja draußen im Feld ok sein, für zuhause ist solches Funken aber zumindest unbequem.

Vielen Dank lieber Fred, für die Morsegarage Pico-Base. 
Hier geht's zu Fred's richtiger Garage. In seiner Werkstatt kümmert er sich übrigens um alle Tastenmarken.
   

Montag, 14. November 2016

Herbstperlen



Bevor der Winter endgültig Einzug hält, will ich noch die Perlen loswerden, die sich diesen Herbst angesammelt haben. Es ist für alle etwas dabei in dieser Schatztruhe - von Kurz- bis Mikrowelle. Wühlen wir doch einmal darin:

Rob's Web ist eine Fundgrube für interessante Artikel aus allen möglichen älteren Funk-Zeitschriften - auch solchen, die schon längst nicht mehr existieren - und viele davon sogar in Deutsch. Hier kann man auf längst vergessene Funkperlen stoßen, die sonst im Web nur schwer oder gar nicht mehr zu finden sind. Eine Seite für ein stürmisches November-Wochenende am Kaminfeuer.

Es gibt sie doch, die echten Wunderantennen. Zum Beispiel die Vivaldi-Antenne, ein extrem breitbandiger Richtstrahler für VHF bis Mikrowelle. Sie wurde von Peter J. Gibson, einem britischen Ingenieur 1979 erfunden und wird insbesondere als Gruppenantenne in der elektronischen Kriegsführung eingesetzt. Vivaldi-Antennen werden aber auch auf Ebay angeboten und sind im Mikrowellengebiet eine interessante Alternative zu Hornstrahler.

Einen kleinen Überblick über die Mikrowellen-Antennen findet man übrigens bei DJ6IY Unter anderem auch ein Diagramm, welches den Gewinn von Parabolantennen in Abhängigkeit von Größe und Frequenz zeigt.

Eine interessante "Mikrowellen-Quelle" und Schatzkiste ist auch die Seite von WA1MBA.

Wer sich für die Theorie der Wellenleitung in Hohlleitern interessiert, der wird bei dieser ausgezeichneten Powerpoint Präsentation fündig.

Auch wer nicht Französisch versteht, für den ist u.U. die Seite von F4BUC interessant. Geht es hier doch um die Speisung von Parabolspiegeln mit Hornstrahlern.
F6EVT liefert zu Hornstrahlern hier die Berechnungen für den Eigenbau.

Bevor wir die Mikrowellen verlassen, noch etwas für die OM, die genau wissen wollen, wie das mit dem Rainscatter funktioniert.


Auf Kurzwelle braucht man in der Regel keine Hornstrahler, dafür ein immer wieder heiß diskutiertes Element: einen Balun. DL4ZAO erklärt warum und wie.

Vielfach braucht der OM zum Balun noch eine so genannte Hühnerleiter. Ueli erklärt uns hier, wie man die selbst bauen und was man alles als Spreizer verwenden kann.

Erinnert ihr euch noch an den "Wettbewerb" unter den Endstufen-Spezis? Alles kalter Kaffee von gestern. Die Entwicklung der LDMOS ist nicht stillgestanden. Wer heute eine dicke Bertha baut, greift anstelle des ollen BLF188XR zum neusten Produkt von Freescale, dem MRF1K50H. Der macht 1.5kW von 1.8 bis 500 MHz. Aber Achtung: die maximale Gate-Source-Spannung, ein häufiger Grund für explodierende Transistoren in Funkbuden, ist immer noch empfindlich niedrig.

Aber jetzt gehen wir so richtig in die Bastelecke. Insbesondere der seefahrende OM könnte hier Ansporn finden, seinen Lötkolben wieder einmal anzuheizen.

Wem auf Schiffen schlecht wird wie mir, kann sich mit diesem riesigen Angebot an Perlen trösten. Von Kurz- bis Mikrowellen ist bei N5DUX für jeden etwas dabei.

Das wär's fast für heute. Uff, ich bin froh, dass ich meine Liste abgearbeitet habe ;-)

Einen Link habe ich aber noch. Kürzlich suchte ich verzweifelt nach Millimeterpapier - doppelt logarithmisch - doch für zwei, drei Blätter einen ganzen Block bestellen, das war mir doch zu teuer. Es gibst zum Glück einen Ausweg: wer einen Drucker hat, kann sich jede Sorte Papier selbst fabrizieren. Gratis!


OT. Compressorhead, eine Roboterband.

Bild1: Hornstrahler mit Regenschutz (Boden einer PET-Flasche)
Bild2: Was übrig bleibt, wenn alle gegangen sind.







Samstag, 5. November 2016

Palm schrumpft die Schnapsnase



Unverhofft kommt oft. Die Surplusparty in Zofingen hatte ihre Nachwirkungen. Am Montag sah ich plötzlich Blitze und Wolken vor meinem linken Auge vorbeiziehen, während das rechte noch schönes Wetter zeigte. Das führte dann zu einem Rendezvous mit einer netten Berliner Augenärztin in Bern und einer Bekanntschaft mit ihrem Laser.
Am Dienstag - ich hatte mich gerade zur Erholung aufs Ohr gelegt - tauchte dann ein netter junger Herr in einem offenen Sportwagen auf, und brachte mir ein kleines Päckchen und eine CD mit Musik von Pink Floyd. Das Erste zum Testen, das Zweite zum Hören.
Das traf sich gut, hatte mir die Ärztin doch vom Lesen abgeraten. Da bleibt einem dann nur noch das Hören...und natürlich das Morsen.

Doch lassen wir die Katze aus dem Sack: Im Päckchen befand sich eine geschrumpfte Schnapsnase:
Die Pico Single von Palm. Oben im Bild neben der "normalen" Palm Single.

Ich benutze ja schon seit einiger Zeit eine Palm Single, vorzugsweise in den Ferien. Wegen ihres roten Paddels nenne ich sie "Schnapsnase", und nicht etwa weil ich es schätze, beim Chatten mit der Taste ein gutes Glas dabei zu haben.  

Wie ihr wisst, bin ich nicht nur fleißiger Falschmorser, sondern auch Single-Morser. Denn ich finde, dass man mit einem Paddle nur halb so viele Fehler macht wie mit zwei. Und das "Squeezen" hat mich immer etwas irritiert und aus dem Takt gebracht. Kurz: ich bevorzuge einarmige Banditen.

Schon die große Schnapsnase ist eine Femme Fatale. Nicht leicht im Umgang, aber ein Mann kann ihr total verfallen. Die Kleine ist noch eine Stufe diffiziler. Sie lässt sich zwar ebenso gut entkleiden wie die Große, doch man braucht eine feine Hand um sie richtig einzustellen. Eine Viertelumdrehung zuviel an einer ihren winzigen Inbusschrauben, und schon hinkt sie.
Bereits die große Schnapsnase hatte diese Eigenart. Einige Male habe ich versucht, sie so scharf einzustellen wie eine Heavy Metal Taste von Begali oder N3ZN, was sie immer mit irgendwelchen Zicken quittierte. Zum Beispiel einem Nachschwingen bei bestimmten Zeichen.

Da ich aber inzwischen etwas Erfahrung mit Schnapsnasen und Primadonnen habe, bekam ich die Pico Single rasch in den Griff. Nachdem sie wieder in ihrem schützenden Gehäuse versorgt war, konnte es endlich ans Morsen gehen. Keine Buchstaben/Zahlen-Gruppen vom Blatt und keine 59er QSO's, sondern Freestyle Chat.

Inzwischen hat die Kleine bereits mehrere Stunden CW auf dem Buckel und morst immer noch wie eine Große - zuverlässig auch bei hohen Tempi. Na ja, das ist relativ: mehr als 40 WpM schaffe ich nicht, und auch das nur mit Ach und Krach. Die Profis unter euch haben dafür sicher nur ein müdes Lächeln übrig.

Die Pico-Palm ist, wie die Palm Single, eine weiche Taste. Nicht zu vergleichen mit den großen, schweren Vollmetall-Tasten. Die Masse, die die Finger bewegen müssen, ist vernachlässigbar klein und verhilft zu einer Leichtigkeit des LGebens, wie man sie nur bei Palm finden kann.

Aber Vorsicht: Für Slapper ist die Pico Single nichts. Ein Slapper ist einer, der die Taste mit seinen Fingern ohrfeigt. Hier die verschiedenen Typen von Operateuren:

  

 Also eher was für Nibbler und Tea Drinker. Mit groben Bewegungen darf man ihr nicht kommen. Im Extremfall trifft dann der OP nicht einmal ihre feine Nase. Ideale Berufsgattungen für die Pico Single wären vermutlich Uhrmacher oder Chirurg. Letzterer aber ohne Knochensäge.

Sowohl die Palm Single wie auch die Pico sind ideale Tasten für den portablen Funkbetrieb. Sie passen gut zu einem KX3, KX2 oder einem FT-817. Im Notfall sogar zu einem Chinesen.
Wer schleppt schon eine 2 kg Taste mit auf den Berg, die halb so groß ist wie der Transceiver?
Zudem kennen alle Palm den Schildkröten-Trick: Sie lassen sich zum Transport in ihr Gehäuse schieben und sind so perfekt geschützt.

Ein interessantes Detail bei der Pico ist der 2.5mm Klinkenstecker, der neben der offenen Taste im nächsten Bild zu sehen ist. Er passt hinten in die Taste! Auf der anderen Seite des Kabels befindet sich übrigens eine der üblichen 3.5mm Klinken. Ein gewaltiger Fortschritt nach dem klumsigen Spezialstecker bei der großen Single und ein echtes Meisterstück, den in die winzige Taste zu integrieren.

Welche von beiden Singles ich wählen würde, wenn ich mir eine entsprechende Ausrüstung zusammenstellen müsste, kann ich zurzeit nicht sagen. Ich komme mit beiden gut zurecht. Aber ich denke, dass sich mit der Zeit eine Favoritin herauskristallisieren wird.

Grobmotorikern würde ich aber eher zu der großen Schnapsnase raten. Ebenfalls OM mit Wurstfingern großen Händen.

Wie sagt man so schön beim Morsen unter Schnapsnasen: "der letzte Tropfen geht in die Taste"






Vielen Dank lieber Hansjörg, HB9DWS, für die Schnapsnase!

Dienstag, 1. November 2016

Vom Surplus zur Party





Nach Zofingen ist vor Zofingen. Die Surplusparty ist vorbei und die OM spielen mit ihrem neuen alten Schrott. Es ist nicht schwer zu prophezeien, dass ein Teil davon nächstes Jahr wieder auftauchen wird.
Auch dieses Jahr fing es an wie immer: Seltsame Gestalten froren in einer langen Schlange vor der verschlossenen Tür. Wieso ist mir ein Rätsel - die Tische rennen ja nicht davon.
Da gingen Andy HB3YAF und ich doch lieber zuerst Kaffee trinken und warteten, bis sich die Schlange aus Menschen und Altmaterial aufgelöst hatte. Zeit um sich einzurichten, hatte man eh genug.
Da  ich im Laufe meines Alterungsprozesses eine gesunde Faulheit entwickelt habe, verzichtete ich dieses Mal darauf, meine Ware anzuschreiben und Andy tat es mir gleich. Wir setzten lieber auf aktives Verkaufen und verkaufsfördernde Maßnahmen, wie das Ausschenken von "Mirabellentee" und die Abgabe von Gratismikrofonen, sogenannten 59ern.

Natürlich waren wieder die Italiener die ersten und fragten nach dem letzten Preis. Was bewies, dass wir mit dem Nichtanschreiben richtig lagen. Ich werde bis zum nächsten Mal noch etwas an meinem Italienisch arbeiten müssen, vielleicht lassen sich dann die Erstverkäufe etwas steigern.

Als weitere verkaufsfördernde Maßnahme hatten wir eine Soundbox in Betrieb, die das "Affenhirn" in CW abspielte. Leider traf dies den wunden Punkt eines benachbarten Verkäufers, der sofort lautstark und mit groben Worten zu lamentieren anfing. Nicht gerade die charmante Art, sein Missfallen kundzutun. Ein Morsophobiker.

Das Gegenteil hatte sich auf unserer Rückseite eingerichtet: die Morsophilen.
Die High Speeder veranstaltete sogar einen Wettbewerb, bei dem man Preise gewinnen konnte. Sofern man möglichst schnell und fehlerfrei einen Buchstabenzahlensalat von einem Blatt abmorsen konnte.
Hier gehts übrigen zum HTC, dem Helvetia Telegraphy Club.

Ich bewundere die XYL, YL und OM, die dazu in der Lage sind. Als typischer Falschmorser ist mir das leider unmöglich. Darum verfolge ich zwar interessiert das Geschehen um die Morsewettbewerbe, könnte aber nie selbst an einem teilnehmen.
Mein Morseding ist Freestyle: Chatten auf 80 oder 2m, mit moderaten 150BpM und alles andere als fehlerfrei. Das menschliche Gehirn besitzt glücklicherweise in den meisten Fällen eine automatische Fehlerkorrektur.

Von unserem "hochwertigen Material" wieder nach Hause genommen, haben wir nicht viel. Die verkaufsfördernden Maßnahmen haben sich bewährt. Nach dem Genuss von "Mirabellentee" gestaltet sich das Verkaufsgespräch nämlich viel einfacher. Goodies wie Selbstgebackenes sind zwar auch gut, doch nichts hilft besser verkaufen wie ein Schluck Feuerwasser.

Viele Käufer lieben es, wenn sie in einer Kiste wühlen können. Hier darf man als Verkäufer ein wichtiges Signal nicht übersehen: Nimmt  jemand einen Gegenstand in die Hände, hat er zum Objekt seines Interesses Kontakt hergestellt und ist somit ein potentieller Kunde.
Der Verkäufer muss dann sofort ein Verkaufsgespräch beginnen. Es geht um Sekunden. Augenkontakt herstellen, Vorzüge herausstellen, Mengenrabatt anbieten und wie auf dem Hamburger Fischmarkt zusätzliche Ware als Bonus draufpacken. Package Deal nennt man das.
Auch Vorführungen können eine positive Wirkung haben. Je ungewöhnlicher und spektakulärer umso besser.
Wichtig zu wissen: die meisten Menschen sind bereit, Dinge zu kaufen, die sie gar nicht brauchen.
So kann es passieren, dass ein Eskimo einen Kühlschrank ersteht, oder ein Morsophobiker eine Taste.

Apropos in der Kiste wühlen. In den vergangenen Jahren ist eine neue Kategorie von Kunden aufgetaucht: Sie wühlen intensiv in einer Kiste mit Kleinmaterial und gehen anschließend mit geballter Faust von dannen. Normalerweise wandern Menschen ja nicht mit geballter Faust umher, es sei denn, es handle sich um Wutbürger. Daher verschwindet die Faust zwei Stände weiter meist in der Hosentasche. Der Verkäufer nennt diese Erscheinung Schwund. Das kommt von Verschwinden und ist ein natürlicher Effekt, der fast alle Materialen auf ihrem Weg von der Herstellung bis zum Schrottplatz betrifft.

Aber es gibt neuerdings auch Kunden, die wollen zuviel bezahlen. Nein, keine Deutschen oder Italiener. Die wollen in der Regel gar nichts bezahlen. Geiz ist geil.
Ich mache diese wohlwollenden Kundn dann jeweils höflich darauf aufmerksam, dass die Hälfte auch reicht.
Ich denke, dass das an meiner Suggestivfrage liegen könnte, mit der ich jeweils ein Verkaufsgespräche einleite: "Was ist dir dieses Teil Wert?"

Die besten Schnäppchen macht man kurz vor Schluss. Das war bei mir auch diesmal nicht anders. Die Preise fallen ins Bodenlose, einiges wird verschenkt.

Als Käufer bewährt sich die eindringliche Frage, ob man die Ware wirklich nochmals für ein Jahr im Keller lagern möchte. So bin ich zum Schluss auch noch zu meinem Schnäppchen gekommen. Einem dreißig Jahre alten TS-811E, den ich nun als 10 GHz Basis verwenden werde. Vielen Dank für das tolle Gerät.

Bild: Hugo-Mobil

PS. Vielen Dank auch an die Organisatoren, die wiederum großartige Arbeit geleistet haben. Bis zum nächsten Jahr!