Montag, 11. April 2016

IC-7300 vs FT-991 - ein Ende mit Schrecken



Gestern ist der Yaesu FT-991 ausgestiegen: Plötzlich blieb das Display dunkel, die Sendeanzeige blinkte und ein Reset half auch nicht mehr. Exitus. Das kann passieren. Das Gerät geht zurück an WIMO und ich werde über die weitere Entwicklung hier im Blog berichten.

Der ICOM IC-7300 lebt zwar noch. Doch die Wirklichkeit hat mich eingeholt: 
Ich habe mich durch die hübsche Frontplatte und die Wasserfallanzeige blenden lassen. Der Empfänger ist miserabel. 

Einer der wenigen, die das vorausgesehen haben, ist DJ2AT. Hier ein Zitat von ihm aus einem Forum:

Tut mir leid, das so sagen zu müssen: Der IC-7300 ist toll aufgemacht, die Trennschärfe der in Software implementierten Filter sicherlich sehr gut, wie auch die restlichen Komfortfunktionen und auch das Spektrum-Scope, was wirklich diesen Namen verdient! ABER: So ist das Gerät nur eine Mogelpackung: Es verspricht mehr, als es dann wirklich halten kann.

Ich denke die ersten Geräte werden bald auf dem Gebrauchtmarkt auftauchen, weil sich einige OMs, und das schließt mich auch ein, mehr erhofft haben. Ich habe nur nicht den Fehler gemacht das Gerät ungesehen zu bestellen.

Die technischen Daten lesen sich jedenfalls so, dass das Gerät an wenig selektiven Antennen und ohne entsprechende Vorfiltermaßnahmen zumindest nicht zu gebrauchen sei...

Das trifft leider voll ins Schwarze. Der IC-7300 ist ein Low Cost Gerät mit einem miserablen mediokren Empfänger. Jeder halbwegs vernünftige Superhet stellt diesen Direct Sampler in den Schatten. Schon vor 30 Jahren hat ICOM bessere Geräte gebaut.

Doch bevor ich erkläre, wieso das so ist, machen wir mal einen kleinen Test. Wer einen sauberen Messender besitzt, kann das ganz einfach tun. Man braucht nicht einmal einen Combiner zu bauen. Eine Hilfsantenne in Form von ein paar Metern Draht tut's auch. 
Wenn die Hauptantenne nicht zu weit weg ist, kann man damit ein genügend starkes Signal hinstellen.

Bei mir reichte ein Signal von S9+ 60dB um bereits auf dem ganzen 20m Band Intermodulation zu erzeugen. Dabei spielt es keine Rolle, wo man das Signal aussendet. Es muss sich lediglich innerhalb des jeweiligen Bandfilters befinden. Im Fall des 20m Bandes ist das der Bereich von 10 bis 15 MHz. Ich hab es auf 12 und 15 MHz probiert. Das Resultat war immer das gleiche. 
Das S-Meter des IC-7300 stimmt übrigens ziemlich gut. S9 plus 60dB entsprechen ca. 50mV.

Überall im Band waren Intermodulationsprodukte festzustellen, auch bei eingeschaltetem IP+. Und zwar noch bevor die Overflow-Anzeige des A/D-Wandlers aufleuchtete.

Wie bei allen Direct Samplern - ist der A/D-Wandler das Problem. Er ist das schwächste Glied in der Kette. Dabei spielt es gar keine Rolle, wie viel Rechenpower man nach dem Wandler verwendet. Was der Wandler vermasselt, kann hinterher nicht repariert werden. 

A/D-Wandler erzeugen Quantisierungsrauschens innerhalb des Nutzbereichs. Das begrenzt den möglichen Dynamikbereich. Hinzu kommen weitere unerwünschte Effekte, so dass der praktisch nutzbare Dynamik-Bereich eines 16 Bit Wandlers nicht viel höher liegt als 80dB. 

Das ist wenig. Es ist der Unterschied zwischen einem 5uV und einem 50mV Signal.
Und es bedeutet, dass der SDR nicht in der Lage ist, schwache und starke Signale gleichzeitig aufzunehmen.

Im 80 und 160m Band ist das weniger gravierend. Schwache Signale verschwinden im atmosphärischen Rauschen und sehr starke Signale sind rar, zumal in Europa die Rundfunksender auf Mittelwelle und Kurzwelle abgeschaltet wurden. 80dB Dynamikbereich reichen hier meistens aus.
Zumal die Bandfilter im IC-7300 für diese Bänder eng sind.

Doch bei den höheren Bändern ist Schluss mit lustig. 80dB reichen nicht. Schwache Signale werden durch starke Signale irgendwo innerhalb des Bandfilterbereichs kaschiert. Um den Overflow des A/D-Wandlers zu vermeiden, muss das Antennensignal abgeschwächt werden.

Zurzeit werden allerlei lustige Messungen und Vergleiche angestellt. Doch Direct Sampler unterscheiden sich in ihrem Verhalten grundsätzlich von klassischen Superhet-Empfänger - auch solchen mit Digitaler Signalverarbeitung in der ZF. Andere Messmethoden müssen verwendet werden um aussagekräftige Resultate zu erzielen.

Fazit: Der IC-7300 ist nichts anderes als ein Low Cost Gerät mit einem miserablen mediokren Empfänger, der durch ein hübsches Gesicht seinen wahren Charakter verbirgt. Wer gar glaubt, dass er Geräten wie dem Elecraft K3, KX3 oder FTDX-3000/5000 oder den bisherigen Icom-Geräten das Wasser reichen könnte, ist auf dem Holzweg.

Mein persönliches Fazit: Es wäre vielleicht besser gewesen, wenn ich meine TS-590 behalten und stattdessen etwas Geld im Casino verspielt hätte.