Donnerstag, 5. Februar 2015

Funkperlen reloaded: FT-857


Veröffentlicht am 13. August 2013



   Der FT-857 von Yaesu gehört zu den “reifen” Geräten. Er wurde um die Jahrtausendwende entwickelt und wird auch heute noch oft gekauft. Kein Wunder, denn nach dem Phase-Out des IC-706Mk2G ist er konkurrenzlos. Eine komplette Funkstation von 160m bis 70cm für tausend Franken, das bietet niemand sonst. Für einen IC-7000 von ICOM muss man hierzulande immer noch mehr als 1600 Franken hinblättern. Zwar erhält man dafür ein Gerät mit ZF-DSP mit den entsprechenden Filtermöglichkeiten und einem hübschen Bildschirm, aber vielleicht auch ein Wärmeproblem, wenn man nicht aufpasst, denn der ICOM säuft wesentlich mehr Strom.
   Letztes Wochenende hat mir ein Freund seinen FT-857 vorbeigebracht, damit ich mal ein Auge darauf werfen kann. Eine Schönheit ist das Teil zwar nicht und das Handling ohne Blick ins Handbuch für mein Alkohol geschädigtes Hirn nicht zu beherrschen.
   Dass einige OM aber bereits mit dem Handbuch Mühe haben, wie nachfolgendes Zitat aus einer Yahoo-Gruppe zeigt, hat mich jedoch erstaunt. Die US-Funkerprüfung muss ein ziemlich grobes Sieb sein:
FT 857 for Dummies NEEDED !!!I just bought a FT 857D and I can’t get to 1st base with the terrible manual.The manual makes no sense to me.. I can’t even figure out how to save a memorylet alone find out how to retrieve one.This is only the top surface of my frustrations !@%%%*!PLEASE tell me that someone has made a FT 587 for DUMMIES book/manual!I’d buy it in a heart beat.SOS I’m dying a slow death ;-(
   Doch zurück zu meinem Augenschein: In FM und CW lief das Teil, doch in SSB lag die durchschnittliche Ausgangsleistung gerade mal bei einem halben Watt. Doch wenn ich ins Mikrofon pfiff, schnellte der Zeiger meines CN-801HP auf 100W.
   100WPEP und fast kein Talk Power. Das konnte nicht sein. Da bemerkte ich, dass der Output von meiner “Pfeiffrequenz” abhing. Pfiff ich zu tief oder zu hoch, kamen nur ein paar mickrige Watt raus. Ein Hörtest mit einem Empfänger bestätigte den Verdacht: Die Modulation war dumpf und kaum verständlich. Was war geschehen?
   Wie so oft, lag der Fehler im Operator-Menü. Dort, auf Position 86 kann man nämlich dem Transceiver sagen, er solle durch eines der optionalen Filter senden. Dummerweise war das in diesem Fall das 300Hz CW-Filter. Vermutlich war dieser Menupunkt unbeabsichtigt verändert worden.
   Ich erinnere mich an einen anderen “Menüfehler” bei einem FT-897, der mal auf meinem Basteltisch landete. Der Sender hatte bei USB wesentlich mehr Leistung als bei LSB. Auch das liess sich leicht korrigieren. Der Vorbesitzer war vermutlich mit seiner Modulation nicht zufrieden und hatte am Carrier-Point herumgeschraubt (Menu 016/018)
   Der FT-857D meines Freundes ist neueren Datums und deshalb mit zweimal2SC2782 in der KW-Endstufe bestückt und dem MOSFET RD70HVF1 in der 2m/70cm PA. Yaesu war im Verlaufe der Jahre zu einem Wechsel der Transistoren gezwungen, da der Hersteller die Produktion einstellte (ehemals 2x2SC5125 für KW und 2SC3102 für VHF/UHF).

   Da oft über schlecht eingestellte Ruheströme geklagt wird, wollte ich diese überprüfen.Doch ein neues Service-Manual mit den korrekten Ruheströmen ist im Web nur für teures Geld zu finden. Diese Ausgabe lohnt sich nicht. Ich werde euch die Ruheströme verraten :-)
   600mA für die beiden KW Transistoren 2SC2782 (also je 300mA) und
   1000mA für den RD70HVF1 in der UKW PA.
   Liegt man weit darunter, wird man für einen CB-Funker aus Süditalien gehalten. Beim Einstellen sollte man etwas warten, bis die Ruheströme nicht mehr hochlaufen. In meinem Fall waren sie richtig eingestellt.
   Korrigieren musste ich auch noch die Ausgangsleistung im Servicemenü. Sie betrug auf 160m nur 70 Watt.
   Die beiden 2SC2782 sind ja kräftige Gesellen und könnten zusammen über 160 Watt an die Antenne bringen. Doch übertreiben lohnt sich nicht und so liess ich es bei 110W bewenden.
   Auch der UKW-Transistor ist ein Powerhouse. Mehr als 70W auf 2m und 50W auf 70cm würde er klaglos vertragen und auch ein schlechtes SWR kann dem MOSFET nichts anhaben. Aber auch hier gab ich mich mit 55W, bzw. 25W zufrieden.
   Nach der Modifikation des MH-31 (ich habe darüber berichtet) tönt das Teil nun recht gut. Beim Besprechen schwankt der Zeiger des Power-Meters zwischen 20 und 30 W (Mik-Gain 50). Auch ohne Kompressor; der ist beim Jäsus sowieso für die Katz.
   Das gilt übrigens für alle 100W-Transceiver: Beim Modulieren sollte der Zeiger des SWR/PWR-Meters in diesem Bereich pendeln. Bewegt er sich nur im Watt-Bereich, hat das Teil zuwenig Talk Power. Ja, ja ich weiss, die Puristen werden jetzt sagen, das hinge vom jeweiligen Messinstrument und vom Sprecher ab etc. Interessanterweise zeigen mein HP-Bolometer und das CN-801HP genau gleich an :-)
   Ach ja, beinahe hätte ich es vergessen: Viele Dummies schalten auf den tiefen Bändern den IPO nicht ein und klagen dann über den Noise. IPO Ein heisst Vorverstärker Aus. Yaesu-Logik halt. An guten Antennen und besonders auf 40-160m ist das Abschalten des Vorverstärkers ein Muss.
   Für Telegrafisten empfehle ich das 300Hz CW-Filter, das NF-DSP-Filter allein ist nur ein Notbehelf.  Das zusätzliche SSB-Filter lohnt sich bei Geräten aus neuerer Produktion jedoch nicht – der Unterschied ist zu gering. Zu empfehlen ist aber der TCXO, besonders für schmalbandige digitale Betriebsarten und VHF/UHF.
   Der FT-857 ist auch heute noch ein guter Kauf mit einem unschlagbaren Preis-Leistungsverhältnis.

2. Bild: FT-857 beim Überprüfen der PA-Ruheströme